Moin Moin,
zurück vom Segeltrip im Ijsselmeer hab' ich mich endlich an die Tastatur klemmen können für den Beitrag zum Canyoning-Event dieses Jahr am
Comer See in Italien.
Zusammengerottet haben sich für das diesjährige Canyoning-Event
fünf Männer und eine Dame. Unser ältester Teufelskerl hat bereits 67 Jahre auf
dem Tacho. Keiner von ihnen ist ein
Canyoning-Greenhorn. Alle waren mindestens schon einmal vorher dabei, manche
sind Veteranen der ersten Stunde.
Freitags schwingen wir uns nach der Frühstückspause in
unsere Schlitten und zischen gen Italien. Alles läuft wie am Schnürchen und wir
kommen sauber vorwärts. Ein bissl Glück haben wir aber schon, so sehen wir das
eine oder andere Stauende bedrohlich herannahen, doch glücklicherweise hat
unsere TomTom-Uschi geplant eine Ausfahrt vorher zu nehmen und so flutschen wir
am Stau gerade noch vorbei. Für die ersten Adrenalinstöße müssen wir nicht mal
warten bis wir in der Schlucht hocken, sondern schon auf der Fahrt ist unser
Blut adrenalingeschwängert. Von der Schweiz nach Italien schrubben wir über den
Splügenpass. Der hat es in sich.
Es mangelt nicht an engen Haarnadelkurven,
nicht einsehbaren Schikanen, starken Steigungen und Gefällen garniert mit meist
nicht vorhandenen Leitplanken am Abgrund. Dafür ist die zu bestaunende
Landschaft aber mehr als sehenswert und beeindruckend. Da liegt plötzlich noch
flächenweise Schnee, die Aussicht auf die Berge, einen Stausee und ein kleines Dorf
da oben im absoluten Nirgendwo ist grandios und surreal zugleich.
Ausgebremst
wird unser Adrenalinrausch durch eine leicht überforderte Familienkutscherin, die mit ihrem Karren kämpft und scheinbar auch ordentlich Muffensausen schiebt.
In mehreren Kurven bergauf murkst sie die Kiste ab, versucht dann mit
Handbremse wieder anzufahren, murkst ihn wieder ab und beim nächsten Versuch
lässt sie so lange die Kupplung schleifen, dass wir einen stechenden Geruch in
unseren Nasen haben, vielleicht hat sie auch vergessen die Handbremse wieder zu lösen. Dabei machen wir der Armen gar keinen Vorwurf, schließlich
flößt auch uns der Pass ordentlich Respekt ein. Da wegen der hohen Konzentration an
Gummidämpfen in unserer Atemluft spontane Nasenschleimhautablösung droht,
schlenkern wir mal eben an die Seite auf eine kleine freie Fläche und lassen
die Dame mit der brennenden Kupplung ziehen.
Nach ein paar Minuten geht’s wieder
auf die Rennstrecke, unser Fahrer Tobias ist wieder voll in seinem Element und holt
alles raus...aus seinem Renault Megan Kombi. Drei Kurven weiter sticht uns von
einer kleinen geschlossenen Zollstation
die brennende Kupplung vor den Kühler, oh Mann.
Zum Glück können wir an der Tante vorbeiziehen als eine kurze übersichtliche
Gerade vor uns liegt, frische Luft in den Nüstern tut gut.
Wir haben den
höchsten Punkt im Pass passiert und nun geht’s an die Talabfahrt. Die ist von
der Aussicht her nicht ganz so spektakulär, dafür aber technisch anspruchsvoll.
Unsere Bremsen kommen an ihre Belastungsgrenze und werden weich, stinken wie Sau und bei einem kurzen Stopp vor einer sehr engen Kurve schwelen blaue
Rauchschwaden aus den Radkästen. Ein breites Grinsen zieht sich über Tobias´ Gesicht, ein Rally-Pilot ist an ihm verloren gegangen. Sandy
und ich sind angesichts dieser fahrtechnischen Meisterleistung in Hochstimmung
während Hans Kund tut, dass ihm schlecht ist. Während der aufregenden Abfahrt
kommen uns permanent Teilnehmer einer italienischen Rally entgegen. Vornehmlich
Oldtimer, meist der Marke Porsche, Ferrari, Maserati usw. röhren den Pass hoch, auch das eine oder andere Musclecar, aber auch aktuelle Sportkarossen.
Nach dem Pass ist es nicht mehr weit und wir kommen entspannt
bei unserer Ferienwohnung, die nur 30 Meter vom Comer See entfernt liegt an. Die
Taschen reingeknallt, Badehose rausgezerrt und ab an den See.
Die übermütige
Begeisterung ne Runde zu schwimmen stoppt abrupt als wir in den See marschieren. Das Teil
ist schweinekalt. Aber wir überwinden uns, quälen uns rein und schwimmen sogar. Wenn man mal
drin ist und in Bewegung bleibt, ist es auch okay. Auf hemmungsloses Schnattern
gefasst, nehmen wir Kurs an Land, es weht ein strammer Wind, sofort überkommt
mich Lust, den Comer See mit einem Segelboot unsicher zu machen. Als uns der
Wind beim Verlassen des Sees erfasst, fühlt sich das mollig warm an, so als wenn
uns einer sanft abfönt. Leicht verdutzt flaggen wir uns auf unsere Handtücher
und lassen uns trockenfönen. Der See muss schon ziemlich kalt gewesen sein.
Nach einem gelungenen Abendessen an der Promenade in der Ortschaft Colico mit
malerischer Aussicht auf den Comer See machen wir es
uns noch vor unserer Wohnung gemütlich und zischen ein paar Bierchen.
Am nächsten Morgen sind wir um halb zehn mit unseren Guides
von BeraufBergab verabredet. Wir sollen
an einen Kreisverkehr in irgendeiner Ortschaft kommen. Leider kennt TomTom-Uschi
nicht die neue Hochstraße dorthin und so verbrummen wir uns erst mal richtig.
Wir stellen TomTom-Uschi aufs Abstellgleis und aktivieren drei weitere Uschis.
Am Start sind Navigon-Uschi, iPhone-Uschi und Sony-Uschi. Dank der Macht der
drei wild durcheinander brabbelnden und TomTom-Uschi vehement widersprechenden
Uschis kommen wir mit leichter Verspätung am Treffpunkt an. Kurz
Hände schütteln, man kennt sich schon vom Canyoning vom letzten Jahr, und dann
ab zum Einstieg in die Schlucht. Dort schießen wir uns in die Neoprenanzüge, hüpfen
in das Klettergeschirr und dann geht’s auch schon los.
Die Schlucht ist grandios und BergaufBergab hat uns vorher
nicht zu viel versprochen. Wir haben Bombenwetter, der Canyon liegt die ganze
Zeit in der Sonne, das Wasser ist kristallklar, die Felsformationen abwechslungsreich
und beeindruckend.
Oft sind es geschwungene, weiche Formen und Spalten, durch
die wir wandern, schwimmen, klettern, abseilen und springen. Die Abseilstellen
machen Bock und wir haben schöne Höhen von ca. 25 Metern zu bewältigen.
Die Tour ist
sehr aquatisch und daher ist man viel im Wasser unterwegs, was uns angesichts der
knallenden Sonne nur recht kommt.
Die vielen geilen Sprungstellen haben es uns
vor allem angetan. Zunächst springt man nur drei bis fünf Meter zum warm werden, dann steigert
man sich über acht auf zehn und schlussendlich auf 13 Meter.
Der Hammer! Wenn
man da oben steht, und da unten in das rauschende aber auch kristallklare
Wasser blickt, alle Nebengeräusche dumpf werden und man nur noch die Leere
zwischen sich und der Wasseroberfläche wahrnimmt, dabei den eigenen Herzschlag wie Hammerschläge in den Ohren und vollkommen fokussiert auf den Sprung. Ein Gefühl, das sich
einprägt. Absolut pur und unverfälscht. Du und der Sprung!
Sind höhere Sprünge aus gesundheitlichen Gründen oder weil
man sich´s schlicht nicht traut nicht möglich, ist das keine Schande und mit guter Crew wird auch keiner einen dummen Spruch bringen. Man kann
sich jederzeit auch abseilen, was mitten in einem Wasserfall auch ziemlich geil
ist. Oder es gibt teilweise Seilrutschen über viele Meter Strecke ins
Wasser als Ausweichmöglichkeit. Auch sehr geil, und nicht nur ich hab überlegt
einen Sprung zugunsten der Seilrutsche sausen zu lassen. Bin dann aber doch
gesprungen.
Beim 13 Meter-Jump hatte man die Möglichkeit entweder die 13 Meter
voll mitzunehmen, auf 10 Meter Höhe abzusteigen zum Sprung oder komplett abzuseilen.
Wir verzeichnen am 13 Meter-Punkt volle Sprünge der vier Mittdreißiger, einen 10
Meter-Jump unseres reiferen Canyoning-Anhängers und einen Abseiler unseres
weiblichen Crewmitglieds. Eine saubere Leistung, die sich sehen lassen kann.
Überhaupt ziehe ich den Hut vor Kerstin und Hans, denn es ist keinesfalls
selbstverständlich, dass man im Extremsport wie Canyoning viele Frauen
sieht und auch 67-jährige sieht man eher selten im Neoprenanzug durch die
Schluchten ziehen.
Der erste Canyoning-Abstecher an diesem Wochenende war
vollauf gelungen, wir sind begeistert und scharf auf die nächste Tour morgen. Da geht’s in
eine Schlucht die vor etwa 100 Jahren eingestürzt ist. Riesige Felsbrocken
haben sich verkeilt und über weite Strecken des Canyons eine Höhle gebildet.
Das alljährlich da durchrauschende Schmelzwasser hat sich auch seine Wege
gesucht und das Gestein entsprechend umgeformt. Für uns endet die Reise durch
diese Welt unter der Erde allerdings mit der Aussage unserer Guides: „Wir sind
eingeschlossen!“.
Das meine Lieben ist aber eine andere Geschichte und die
gibt’s in Kürze hier auf Get on Board!
Euer Markus
sehr interessant! Ich wusste nicht, dass man in der Nähe vom Comer See Canyonfahrten veranstalten kann.
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