Mittwoch, 15. Januar 2014

Canyoning Ötztal

Hey Leute,

heute wird ein neues Fass angestochen. Der erste Post über Canyoning…und dabei liegt der Trip auch schon zwei Jahre zurück. Mitte Oktober 2011 war das in Österreich. Wie ich ja schon in meinem ersten Post schrieb, ist das Canyoning in meiner Abteilung unter meinen Kollegen und mir so eine Art Tradition geworden, deren Planung ich mich jedes Jahr annehme und mir den Spaß natürlich auch nicht entgehen lasse, selber in der Schlucht herum zu hüpfen. Ergeben hat sich dieser Abstecher in die etwas andere Fun-Sportart erstaunlich spontan. Irgendwann Mitte des Jahres 2011 standen ein paar Kollegen und ich bei der Frühstückpause beisammen und kamen irgendwie auf das Thema Canyoning. Wie das bei solchen Unterhaltungen immer ist, kam natürlich irgendwann der Spruch „Das könnten wir eigentlich auch mal machen“. In der Regel wart dann davon nix mehr gesehen und gehört. Nicht so bei uns…ich hatte Feuer gefangen und befasste mich mit der Materie mal etwas genauer und als ich einen Anbieter aufgerissen hatte, bei dem das eine runde Sache zu sein schien, quatschte ich die Kollegen nochmal an, ob sie ernsthaft Interesse hätten, was erstaunlicherweise durch die Bank bejaht wurde. Also Attacke und ran an die Buletten. Erst Termin finden…funktioniert sau gut wenn man ca. 12 Leute unter einen Hut bekommen will. Aber auch das haben wir auf die Reihe bekommen und fanden ein passendes Wochenende an dem acht Mann startklar waren. Das zweite Wochenende im Oktober war erwählt. Also die Pferde gesattelt und ab nach Österreich ins Ötztal. Konkret in die Nähe der Ortschaft Haiming. Bei der Buchung beim Anbieter Wiggi-Rafting war auch automatisch die Unterkunft inbegriffen und für 150 Tacken als Komplettpaket bekamen wir die Canyoning-Tour, eine Rafting-Tour, ein Mittagessen, zwei Nächte Unterkunft samt Frühstück und natürlich die komplette Ausrüstung samt Guide.

Als wir dann in Österreich hielten und ausstiegen, ließ unser aller Gesichtsausdruck einen klaren Rückschluss zu: „Hier ist es ja schweinekalt!“ , dicht gefolgt von „Alter…da soll ich morgen in einer Schlucht Stunden lang ins Bergwasser springen? Warum zum Teufel habe ich mich auf diesen Wahnsinn eingelassen? Wie konnte ich nur so bescheuert sein?“. Okay, es ist sau kalt…aber das hatten wir halt irgendwie nicht erwartet, denn in Deutschland herrschten noch ganz lässige Temperaturen und keinem Schwein war in den Sinn gekommen, dass das ein paar Meter weiter in Österreich anders sein könnte. „Sind wir Männer oder Pussys?“.  Mit diesem Motto ab in die Kneipe. Übrigens sehr zu empfehlen, das Lokal. Nennt sich Gipfelstube. Sehr urige Atmosphäre, netter gesprächiger Wirt, hervorragendes Essen, kühles Bier und einen wunderbaren „Zirm“!....„Was´n das?“ werdet ihr euch fragen. Bei einem Zirbe, wie er eigentlich heißt, handelt es sich um eine österreichische Spezialität. Einen Schnaps, hergestellt mit den Zapfen des Zirbenbaums, so ne Art Tanne. Sehr zu empfehlen und hervorragend geeignet zum Mut antrinken. Nach sechs Runden ab in die Falle und für den nächsten Tag das Beste hoffen. 

Am nächsten Tag in der Pension ordentlich gefrühstückt, ebenfalls einwandfrei, und dann ab zur Canyoning-Base. Dort absolut nix los. Nur der Scheff, der Guide und wir. Kein Betrieb, keine Leute. Gut, die Saison ist ja auch gelaufen. Nachdem wir uns in die arschkalten Neoprenanzuge gequält hatten, Helm auf und Klettergeschirr an, kletterten wir in den Bus. Der soll uns rauf zum Einstieg in die Schlucht bringen. Nach ordentlich Höhenmetern hält er an. Patrick macht die Schiebetür auf, springt voller Tatendrang aus dem Bus und findet einen großen weißen Schneebrocken, wie für ihn gemacht auf der Straße liegend vor. Alles klar! Mit einer geübt eleganten Bewegung kickt er schwungvoll den Schneeklumpen. Der Schneeklumpen rutscht unbeeindruckt etwa 15 cm weit. Patricks großer Zeh quittiert das mit stechendem Schmerz. Leider gibt es davon kein Video, ich hätte es euch nicht vorenthalten. Zum Glück war das Ding nicht gebrochen, das hätte uns die Tour vermasselt, bevor sie überhaupt begonnen hätte. Okay, das war knapp. Wir schauen uns um und fragen uns warum der Bus uns einfach mitten auf einer Brücke abgeladen hat. Unser Guide namens Hubi fummelt derweil irgendwas am Brückengeländer. Mit einladender Geste meint er: „Nach euch!“. Hoppla, wir hatten doch die Einsteigertour gebucht oder? Letztendlich war es nicht schlimm. Man fühlt sich allerdings etwas merkwürdig während man auf einer 20 Meter hohen Brücke mal eben über das Geländer klettert. Natürlich ist man gesichert und wird passiv abgeseilt. Man muss also nix weiter machen als gut aussehen und die Aussicht genießen während Hubi uns in das etwa  1° Celcius warme Bergwasser hinab lässt. Außerdem haben wir vorher eine vernünftige Einweisung bekommen und das Klettergeschirr wurde vom Guide bei jedem auf korrekten Sitz geprüft.

Achso, vielleicht fragt sich hier grade jemand „Was ist denn Canyoning überhaupt?“. Möglicherweise habt ihr bereits einen Schimmer. Man wandert, klettert, rutscht und seilt sich ab in einer wasserführenden Schlucht und folgt ihrem Verlauf von einem höher gelegenen Punkt bis zu einem tiefer gelegenen Punkt. Dabei gibt es Touren, die kürzer oder länger sind, schwerer oder leichter, technischer oder spaßlastiger.

In der Schlucht, in der normalerweise so viel Betrieb ist wie samstags bei IKEA, sehen wir keine Menschenseele. Gut, das hat Vorteile, man muss nicht vor jeder besonderen Stelle warten.
Die Schwierigkeit der Schlucht kann man schon als leicht bis moderat einschätzen, je nach Fitness und Hemmschwelle natürlich. Der höchste Sprung betrug etwa vier Meter, die höchste Abseilstelle acht Meter, wenn wir die anfängliche Brücke mal außer Acht lassen. Was die viel größere Herausforderung war, das war das verdammt kalte Wasser und dazu die Lufttemperatur unter null. Leider ist es beim Canyoning üblich, keine Trockenanzüge zu tragen, sondern in Nass-Neoprenanzügen an den Start zu gehen. Was im Sommer ja auch vollkommen problemlos und angenehm ist. Die eiskalte Suppe lief uns aber ständig in den Anzug und saugte sofort Körpertemperatur ab. Wenn ihr euch mal die Bilder unten genauer anschaut, werdet ihr denken „Hä? Was stellen die sich denn so an…das sieht aber nicht sehr kalt aus!“. War es aber! Das kommt auf den Bilder leider nicht ganz zum Vorschein. Tatsächlich war es so kalt, dass man regelmäßig Eiszapfen an Ästen sehen konnte. Trockene Felsen über die der erste der Gruppe kletterte und mit Wasser bespritze, wurden für den hinteren Teil der Gruppe plötzlich zur spiegelglatten Eisfläche. Ich gebe zu, die Bilder sehen nicht danach aus, aber nur weil da kein Schnee liegt, heißt das nicht das es nicht verdammt kalt war.


Ich muss sagen, dass ich auch jetzt noch, wo bereits die eine oder andere weitere auch extremere Canyoning Tour hinter mir liegt, ich immer noch gerne und mit Respekt an diese „Eistour“ zurück denke. Und meinen Mitstreitern geht es genauso denke ich. Das extremste Erlebnis auf dieser Tour, da stimmen mir die anderen im Chor zu, war, als wir in der Schlucht am Ende einer Felsrutsche das erste Mal mit dem Kopf untertauchten. Durch diese abrupte Kälteeinwirkung auf den Kopf gingen bei jedem von uns die Lichter aus. Es ist schon die etwas andere Erfahrung, wenn dich mal eben das Wasser ausknockt und das auch noch während man unter Wasser ist. Es waren nur Sekunden zum Glück und jeder von uns hat scheinbar einen vernünftigen Kreislauf. Kennt ihr diesen beißenden Schmerz in der Stirn, wenn ihr zu schnell was sehr Kaltes trinkt? Stellt euch das mal für die Dauer von einer halben Minute über den gesamten Kopf vor. Das erwartete uns nach dem Blackout. 

Alles in allem dauerte die Tour so etwa 2,5 Stunden und das reichte auch vollkommen aus. Aufwärmen konnten wir uns dann im vorgeheizten Bus, der bereits am Ausstieg aus der Schlucht auf uns wartete.

Trotz dieser Horrorgeschichte haben wir bei jedem Canyoning-Event neue Leute dabei, die vorher noch nicht dabei waren, aber auch Veteranen, die seither immer am Start sind und sich keine der Touren entgehen lassen.

Patricks großer Zeh hatte die ganze Sache übrigens mehr oder weniger gut überstanden. Dadurch, dass er unmittelbar nach dem legendären Kick für ne Weile gekühlt wurde, war er nicht besonders geschwollen. Er hatte aber einen ansehnlichen Bluterguss unter dem Nagel entwickelt der abends, auf Grund des Drucks, der sich unter dem Nagel aufgebaut hatte, anfing stark zu schmerzen. Ihm musste geholfen werden, soviel war klar. Dem kollektiven Ratschluss nach, dass das im Krankenhaus auch so gemacht wird, waren am minimal-invasiven Eingriff beteiligt: Patricks Zeh-Nagel, eine aufgebogene Büroklammer, ein Feuerzeug und Peter. Davon gibt’s zwar auch Videos von einem großen Zeh, sechs Bierdosen haltenden Schaulustigen und einem Operateur. Diese werde ich euch aber in jedem Fall vorenthalten. Patricks Zeh ging es danach wieder sehr viel besser und er lässt schön grüßen. Wer die Bilder unten genau unter die Lupe nimmt, der wird den Eisklumpen (oder was es auch war) entdecken.

Als wir die Basis verließen, schloss der Scheff hinter uns ab und meinte „So, Feierabend, bis Mai nächstes Jahr“. Es stellte sich heraus, dass wir am letzten Wochenende des Jahres in der Schlucht waren, an dem es nach Ösi-Gesetz grade noch erlaubt ist kommerziell Canyoning zu betreiben und daher war für die Basis erst mal ein halbes Jahr Sendepause nachdem wir rausgelatscht waren.

Und nun genießt die Bilder und das Video. Über Kommentare, Ergänzungen, Fragen und soweiter freue ich mich natürlich, also lasst euch nicht lumpen.





 

Euer Markus

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